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Stellungnahme zu den Ereignissen am 11. November in Warschau: Repression und Hysterie

Wir möchten uns bei all denjenigen bedanken, die nach Warschau
gekommen sind, um sich mit dem Widerstand gegen die an diesem Tag
abgehaltenen rechtsradikalen Kundgebungen solidarisch zu zeigen. Wir
verfolgen das gleiche Ziel: eine Welt in der sich die Menschen gegen
Neonazismus, Nationalismus, Rassismus und faschistische Ideologien
vereinigen und diese Ideen auf der Müllhalde der Geschichte
verschwinden.

Wir verurteilen die vielen Zwischenfälle, die es rund um
die Blockaden gegeben hat. Zuerst kritisieren wir jedoch die Medien
und die Hysterie, die sie über die Beteiligten an den Blockaden,
besonders denjenigen aus Deutschland, davor, währenddessen und danach
verbreitet haben. Sie haben von Anfang an eine falsche Imago über
diese Leute erzeugt. Die anreisenden AntifaschistInnen aus Deutschland
wurden als paramilitärische Gruppen beschrieben. Doch zwischenzeitlich
trainierten in Polen tatsächlich paramilitärische Einheiten,
allerdings in den Ausbildungslagern der Rechtsradikalen. Das wird
allerdings kaum wahrgenommen und natürlich verbreiteten die Medien
über diese Leute, die sich ebenso für den 11. November in Warschau
angemeldet hatten, keine Hysterie.

Zweitens verurteilen wir die Polizei und den Staat, welche die
Neonazis zu ihren Aktionen ermutigt haben. Die antifaschistischen
Verhafteten von Nowy Swiat, von denen die meisten gerade erst in der
Stadt angekommen waren und überhaupt nichts getan hatten, verbrachten
Zeit im Gefängnis, wo sie auf verschiedene Art und Weise mißhandelt
worden sind. Einige wurden bedroht, unsachgemäß durchsucht, geschlagen
und verbal beleidigt. Verschiedene Fälle von Polizeigewalt ereigneten
sich auf der Polizeiwache Wilcza St. Während der Demonstration konnten
wir die Polizei dabei beobachten, wie sie eine LRAD [akustische Waffe]
in Stellung brachten, deren Einsatz gegen DemonstrantInnen in Polen
nicht gestattet ist. Die Polizei benutzte Wasserwerfer, Tränengas und
Gewalt und es sollte angemerkt werden, dass die Regierung solche
Demonstrationen dazu benutzt um Gesetze zu verschärfen und die
Aufrüstung der Polizei zu rechtfertigen. Die zunehmende repressive
Macht des Staates und die Polizeigewalt haben viel mit den Fantasien
der Faschisten gemein.

Wir kritisieren die Medien für die Veröffentlichung von Falschaussagen
des Polizeisprechers Mariusz Sokolowski. Wir wundern uns, dass keiner
der JournalistInnen nach den Waffen gefragt hat, welche die deutschen
Protestierenden laut Pressemeldungen bei sich gehabt haben sollen,
obwohl doch bei keinem der Verhafteten eine Waffe gefunden worden ist.
Wie kann es sein, dass die Busse der Anreisenden dreimal ergebnislos
durchsucht worden sind, sie dann aber, den Worten von Sokolowski nach,
in Warschau mit Waffen erschienen sein sollen? Will Sokolowski etwa
sagen, dass die ausführenden Beamten die Busse mit den Waffen nach
Warschau rein ließen. Diese Version der Ereignisse ist sicher
unglaubwürdig.

Drittens kritisieren wir das Verhalten der Gruppe Krytyka Polityczna.
Als die ausländischen AntifaschistInnen in Nowy Wspanialy Swiat
gewesen sind, dem Platz wo sie verhaftet wurden, sprach ein Mitglied
der Gruppe zuerst mit der Polizei und dann mit den Angereisten und
versicherte ihnen, dass wenn sie den Ort ruhig verlassen würden, die
Polizei lediglich ihre Identät überprüft und  sie dann zur
Demonstration gehen lässt. Stattdessen wurden sie verhaftet,
inhaftiert, bedroht, geschlagen und vor Gericht gestellt. Wenn den
Leuten von Krytyka tatsächlich von der Polizei zugesagt worden wäre,
dass den angereisten DemonstrantInnen nichts passiert, dann hätte es
einen öffentlichen Aufschrei geben müssen als dies nicht geschah.
Stattdessen hören wir Ausreden. Desweiteren unternahm Krytyka
Polityczna alles, um sich von den angereisten DemonstrantInnen zu
distanzieren, da die ganzen Ereignisse ihr öffentliches Image
ankratzen. Solidarität für die Verhafteten haben sie keine gezeigt.
Zuletzt wollen wir unsere entschiedene Ablehnung gegen die Worte des
Präsidenten Bronislaw Komorowski über die Anwesenheit deutscher
AntifaschistInnen kundtun. Der Präsident verneinte, dass es in Polen
ein Problem mit dem Faschismus gibt. Er ging sogar so weit zu
behaupten, dass die ONR [Nationalradikales Lager] nicht als
faschistische Organisation anzusehen ist. Das zeigt wie groß das
Problem in Polen tatsächlich ist.

Jaroslaw Kaczynski und andere PolitikerInnen bezeichneten die
Anwesenheit deutscher AntifaschistInnen in Warschau als Schande für
Polen. Sie verloren kein Wort über die große Gruppe angereister
Neonazis: Combat 18, Blood and Honor, Jobbik, Forza Nuova, 1389 und
UNA-UNSO.

Das neoliberale Establishment, das sich noch während der
Regierungszeit von Lech Kaczynski über dessen rechten Tendenzen
international echauffierte, wäscht sich rein und weigert sich
einzugestehen, dass die heutige Regierung auch nicht viel besser ist.
Wir verurteilen all diejenigen, die sich an dem Schweigen beteiligen
und Entschuldigungen für die nationalistische Ideologien in Polen
vorbringen.

ZSP-IAA Warschau

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