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Lage in Griechenland eskaliert

Eine Bombe tötete einen Polizisten im
Ministerium für Zivilschutz und auch die Refinanzierungskosten des
Landes explodieren

Ein Artikel von telepolis (www.heise.de/tp)

Bei der Explosion einer Paketbombe im griechischen Ministerium für
Zivilschutz ist gestern Abend ein Polizist ums Leben gekommen. Ein
weiterer Beamter sei schwer verletzt worden, teilten die
Sicherheitskräfte in der Hauptstadt Athen mit. Der Anschlag dürfte
Minister Michalis Chrysohoidis gegolten haben. Im Amtszimmer seines
Büroleiters wurde gestern ein verdächtiges Paket entdeckt. Es
explodierte beim Versuch, es zu öffnen. Der Minister befand sich zwar im
Gebäude, wurde aber nicht verletzt. Chrysohoidis erklärte sichtlich
geschockt vor dem stark beschädigten Gebäude: "Ich habe einen wertvollen
und geliebten Mitarbeiter verloren." Der sozialistische
Ministerpräsident Georgios Papandreou sprach von einem "feigen Anschlag
auf die Demokratie".

Griechenland wird seit gut einem Jahr wieder von Bombenanschlägen
erschüttert. So war auch schon die Börse im vergangen September Ziel
eines Anschlags. Im Bau befindliche Polizeistationen in Athen und
Saloniki wurden zerstört und es kam zu Anschlägen auf Ämter, Banken und
Geschäftsgebäude. Doch nicht nur Bomben explodieren, sondern auch die
Refinanzierungskosten des Landes, was zum baldigen Ausfall des Landes
führen kann. Trotz des Griechenland-Rettungspakets der EU und des
Internationalen Währungsfonds in einer Höhe von 110 Milliarden Euro, das
durch einen EU-Rettungsschirm in Höhe von 750 Milliarden Euro ergänzt
wurde, wachsen die Zweifel, ob das Land die Krise ohne Umschuldung
durchstehen kann. Das bedeutet, dass die Kreditgeber auf einen Teil
ihres Geldes verzichten müssten.

Die Zinsen für griechische Staatsanleihen schießen nun in die Höhe.
Zehnjährige Staatsanleihen werden mit einem Zinssatz von fast 10,5%
gehandelt. Der Zinsunterschied (Spread) zu deutschen Anleihen stieg
damit auf fast 8% und liegt auf einem Niveau wie vor dem Rettungspaket.
Als Begründung wird auch der Verkaufsdruck angeführt, nachdem kürzlich
die Ratingagentur Moody’s auch Griechenland auf Ramsch-Niveau herabgestuft
hatte. Das zwinge viele Fonds dazu, sich von ihren Griechenlandbonds zu
trennen.

Vor allem steigen aber die Kosten für sogenannte
Kreditausfallversicherungen. Die Credit Default Swaps (CDS) sind so
teuer wie nie zuvor. Bis auf den Wert von fast 1150 Basispunkten
schnellten sie hoch. Das bedeutet, dass man nun schon 1,15 Millionen
Euro bezahlen muss, um einen griechischen Bond in einer Höhe von 10
Millionen Euro abzusichern. Am Kapitalmarkt wird die Wahrscheinlichkeit,
dass es zu einem Ausfall kommt, so hoch eingeschätzt wie bei keinem
anderen Land.

Zweifel daran, ob die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Tabubruch
auch entschlossen genug umsetzt und Staatsanleihen bedrohter Länder
kauft, sind für die Situation mitverantwortlich. Dafür sorgen vor allem
kritische Äußerungen von führenden Währungshütern gegenüber dieser
Politik. So hatte zum Beispiel der Präsident der Deutschen Bundesbank
diese umstrittene Strategie heftig kritisiert. Axel Weber meint,
der Aufkauf dürfe nur "zielgenau und eng begrenzt" stattfinden.

Ralf Streck25.06.2010

http://www.heise.de/tp/blogs/8/147895

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