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Roma in der Slowakei – Hinterhältiges Geschenk

(Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/roma-in-der-slowakei-hinterhaeltiges-geschenk-1.1372680)

Zwei Roma-Jungen zünden ein historisches Gebäude im Osten der Slowakei an, das Bauwerk wird schwer beschädigt. Aus Rache will ein ortsansässiger Rechtsextremist Hunderte Roma nun von einem Grundstück verjagen – dessen Besitzer hat es ihm eigens dafür überlassen.

Erst brannten einzelne Grasbüschel, dann entzündete sich der Burghang, schließlich das ganze Schindeldach. Zum Schluss war der Dachstuhl samt Glockenturm zerstört, die Burganlage schwer beschädigt. Die mutmaßlichen Missetäter: zwei Buben von elf und zwölf Jahren, die Anfang März heimlich unterhalb der gotischen Burg Krásna Hôrka in der Ostslowakei geraucht hatten. Die beiden Jungen sind Roma, ihre Familien leben in einer illegalen Siedlung nahe der Burg.

Nach einem Feuer auf der Burg Krásna Hôrka im Osten der Slowakei richtet sich die Stimmung gegen die in der Nähe lebenden Roma.  (© AFP)

Die Empörung der Anwohner war groß, denn das historische Bauwerk, malerisch auf einer Hügelkuppe gelegen, gilt als Touristen-Magnet und als nationales Prunkstück in dieser armen, von hoher Arbeitslosigkeit geprägten Gegend. Wenn es nach dem bekannten Rechtsradikalen Marián Kotleba geht, dann wird der Brand schon bald gerächt: Er will die beiden Roma-Jungen samt ihren Familien und etwa 900 Roma aus ihren Hütten unterhalb der Burg vertreiben.

Nun ist Kotleba ohnehin kein unbeschriebenes Blatt. Der Rechtsextremist, Chef einer kleinen, ultranationalistischen Partei, ist bekannt für seine Hasstiraden auf Roma und seine Faszination für das Dritte Reich, er beschäftigt Behörden und Polizei schon seit Jahren. Diesmal aber könnte seine geplante Aktion in der Gemeinde Krásnohorské Podhradie, die in der Bevölkerung offenbar auf viel Zustimmung trifft, eine neue Dimension annehmen. Denn Kotleba, der schon kurz nach dem Brand vor Ort gegen die Siedlungen der Roma protestierte, ist mittlerweile Besitzer jenes Landstücks unterhalb der Burg, auf dem die ungeliebten Anwohner siedeln.

Einen knappen Hektar Land soll ihm der vorherige Besitzer geschenkt haben, darauf leben, wenn man romafeindlichen Blogs glauben möchte, derzeit etwa 70 Familien in 300 Häusern; etwa die Hälfte der Bewohner von Krásnohorské Podhradie sind Roma, nur wenige sind in die Dorfgemeinschaft integriert. Mittlerweile hat sich in Assoziation mit Kotlebas Partei ein Verein gegründet, der sich “Säubern und benutzen” nennt; weitere slowakische Anwohner haben ihr Land dieser Gruppe zur “Reinigung” zur Verfügung gestellt. Kotleba hat angekündigt, als neuer Landbesitzer den “Müll” auf seinem Anwesen zu beseitigen; dazu gehörten auch die dort illegal siedelnden Roma.

Weitere Eskalation zu befürchten

Als der Nazi, der gern in pseudofaschistischen Phantasie-Uniformen auftritt, im März seinen ersten Auftritt nahe Krásna Hôrka hatte, wetterte er, wie die Internet-Seite The Slovak Specator berichtet, was die Türken im 16. Jahrhundert nicht vermocht hätten, das hätten die Roma 2012 angerichtet. Schon damals kündigte er an, diese zu vertreiben. Ortsbürgermeister Peter Bollo befürchtet jetzt eine schnelle Eskalation, weil die “Atmosphäre seit dem Brand sehr angespannt” sei.

Die Roma-Anwohner sollen Kotleba angeboten haben, ihm das Land abzukaufen; allerdings berichten slowakische Medien, dass schon der Vorbesitzer ein solches Ansinnen abgelehnt habe. Ein Mittelsmann des Rechtsradikalen, der sich gegenüber der Nachrichtenagentur AFP als dessen “Makler” vorstellte, gab an, das Land sei laut Bebauungsplan als landwirtschaftliches Gebiet und Grünfläche ausgewiesen, daher sei es das Recht des Besitzers, die Hütten auf seinem Gelände niederzuwalzen.

Konfrontationen wie diese sind in der Slowakei an der Tagesordnung, immer wieder werden Roma-Siedlungen von den Behörden geräumt; Selbstjustiz ist indes auch in dem kleinen Land, in dem offiziell etwa 100.000, inoffiziell etwa doppelt so viele Roma leben, eher selten. Der Regierungsbeauftragte für die Roma-Integration, Miroslav Pollak, sagte AFP, der Staat habe zu lange akzeptiert, dass die Roma illegal siedelten. Nun müsse er dafür sorgen, dass sie das Land kaufen könnten, auf dem sie lebten. Márian Kotleba will genau das verhindern.

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