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labournet – Sammlung zu “Der kommende Aufstand”

(Quelle: http://labournet.de/diskussion/arbeit/aktionen/perspektiven05.html)

Der kommende Aufstand und ein Aufruf zur Radikalität – Perspektiven der Proteste

a) Zeit der Monster. Ein Aufruf zur Radikalität

“Zu den Protesten, die in diesem Jahr vor allem in Griechenland, in
bescheidenerem Umfang auch in Irland, Italien und Spanien gegen die
Sparmaßnahmen der Eurozone stattfanden, gibt es zwei konkurrierende
Erzählungen.1 Die vorherrschende, vom Establishment verbreitete Erzählung
schlägt eine entpolitisierte Naturalisierung der Krise vor: Die
Regulierungsmaßnahmen werden nicht als politisch begründete Entscheidungen
dargestellt, sondern als Imperative einer neutralen finanziellen Logik –
wenn wir unsere Volkswirtschaften stabilisieren wollen, kommen wir nicht
umhin, die bittere Pille zu schlucken. Die andere, die Erzählung der
protestierenden Arbeiter, Studenten und Rentner, sieht in den
Sparmaßnahmen nur einen weiteren Versuch des internationalen
Finanzkapitals, die letzten Reste des Wohlfahrtsstaats zu demontieren. Der
Internationale Währungsfonds erscheint aus der einen Perspektive als
neutraler Agent von Disziplin und Ordnung, aus der anderen als
Unterdrücker im Dienst des globalen Kapitals…” Artikel von Slavoj Zizek,
erschienen in Le Monde Diplomatique vom 12.11.2010
http://www.monde-diplomatique.de/pm/2010/11/12.mondeText1.artikel,a0048.idx,14

Aus dem Text: “…Auf der anderen Seite zeugt die Erzählung der
Demonstranten wieder einmal vom Elend der heutigen Linken: Ihren
Forderungen fehlt jeder positive programmatische Inhalt, sie bringen nur
eine allgemeine Weigerung zum Ausdruck, den bestehenden Wohlfahrtsstaat
aufs Spiel zu setzen. Ihre Utopie ist nicht eine radikale Veränderung des
Systems, sondern die Vorstellung, der Wohlfahrtsstaat ließe sich innerhalb
des Systems erhalten. Auch hier sollte man das Körnchen Wahrheit nicht
übersehen, das in der Argumentation der Gegenseite enthalten ist: Wenn es
beim globalen kapitalistischen System bleiben soll, wird es tatsächlich
notwendig sein, Arbeitern, Studenten und Rentnern weiterhin Geld
abzunehmen. (…) Eines ist klar: Nach Jahrzehnten des Wohlfahrtsstaats, in
denen Einschnitte relativ begrenzt blieben und stets mit dem Versprechen
verbunden waren, dass die Dinge sich bald wieder normalisieren würden,
treten wir jetzt in ein Zeitalter ein, in dem ein ökonomischer
Ausnahmezustand zum Dauerzustand, zu einer Konstanten, einer Lebensform
wird. Damit drohen noch viel härtere Sparmaßnahmen, Einschnitte bei den
Sozialleistungen, Einschränkungen im Gesundheits- und Bildungswesen und
mehr unsichere Arbeitsverhältnisse. (…) Der deutlichste Indikator für den
Mangel an Selbstvertrauen bei der heutigen Linken ist ihre Angst vor der
Krise. Eine wahre Linke nimmt eine Krise ernst und macht sich keine
Illusionen. Ihre grundlegende Einsicht ist, dass Krisen zwar schmerzhaft
und gefährlich, aber auch unvermeidlich sind und dass sie das Feld sind,
auf dem Schlachten gewagt und gewonnen werden müssen. (…) Es ist
illusorisch zu glauben, man könne die Dinge wirklich verändern, indem man
die Demokratie auf diese Sphäre ausdehnt, etwa durch Organisation
“demokratischer” Banken unter der Kontrolle des Volkes. Radikale
Veränderungen auf diesem Gebiet liegen außerhalb der Sphäre von Recht und
Gesetz. Demokratische Verfahren können natürlich eine positive Rolle
spielen. Aber sie bleiben Teil des staatlichen Apparats der Bourgeoisie,
der den Zweck hat, das reibungslose Funktionieren der kapitalistischen
Reproduktion zu garantieren. In diesem genauen Sinne hat Badiou recht mit
seiner These, dass der ultimative Feind heute nicht der Kapitalismus, das
Imperium oder die Ausbeutung sei, sondern die Demokratie. Die
Bereitschaft, “demokratische Mechanismen” als äußersten Rahmen politischen
Handelns zu akzeptieren, ist das, was einer radikalen Transformation der
kapitalistischen Verhältnisse im Wege steht. (…) In dieser Situation mag
die Vorstellung von einer radikalen gesellschaftlichen Transformation wie
ein unmöglicher Traum erscheinen – aber bei dem Wort “unmöglich” sollten
wir innehalten und nachdenken. (…) Die heute herrschende Ideologie will
uns dazu bringen, die “Unmöglichkeit” radikaler Veränderung – die
“Unmöglichkeit” einer Abschaffung des Kapitalismus, die “Unmöglichkeit”
einer Demokratie, die nicht auf ein korruptes parlamentarisches Spiel
reduziert wäre – zu akzeptieren…”

b) Der kommende Aufstand. Manifest von Unsichtbares Komitee

Aus dem Vorwort der ÜbersetzerInnen: “Ein Aufstand, wir können uns nicht mal mehr vorstellen, wo er beginnt. Sechzig Jahre der Befriedung, ausgesetzter historischer Umwälzungen, sechzig Jahre demokratischer Anästhesie und Verwaltung der Ereignisse haben in uns eine gewisse abrupte Wahrnehmung des Realen geschwächt, den parteilichen Sinn für den laufenden Krieg. Es ist diese Wahrnehmung, die wir wiedererlangen müssen, um zu beginnen. Warum eine deutschsprachige Ausgabe? Bevor wir uns daran machten “L`insurrection qui vient” zu übersetzen, waren wir eigentlich der Meinung, es nicht zu tun. Im Grunde dachten wir, dass dieses Buch zu speziell auf die französische Situation zugeschnitten ist, in den Beispielen wie in der Schwerpunktsetzung. Warum haben wir es trotzdem getan? Der wichtigste Grund ist wohl, dass wir es satt haben, politische Pamphlete zu lesen, die sich mit der Darstellung der schlechten Verhältnisse begnügen, ohne konkrete Schritte zu ihrer Aufhebung in die Diskussion zu werfen. “Der kommende Aufstand” beschreibt die bröckeligen Fundamente der gegenwärtigen Ordnung nicht, um aufzurütteln oder Therapien zu ihrer Rettung vorzuschlagen, im Gegenteil….
Manifest erschienen im Jahr 2007 unter dem Titel “L`insurrection qui vient” in französicher Sprache, übersetzt im Frühjahr 2010 (pdf) (Vorsicht: Großer Teil der 92 Seiten sind leere…)
http://pdfcast.org/download/der-kommende-aufstand.pdf

Daher empfehlen wir auch

1) die html-Ausgabe bei Indy linksunten
http://linksunten.indymedia.org/de/node/22964

2) “L`insurrection qui vient” in französichem Original (pdf)  – empfehlenswert für Sprachkundige!
http://www.lafabrique.fr/spip/IMG/pdf_Insurrection.pdf

3) Unsichtbares Komitee: Der kommende Aufstand

Deutsche Erstausgabe (als handliches Buch) bei Edition Nautilus, aus dem
Französischen übersetzt von Elmar Schmeda (Broschur, 128 Seiten, (D)
9,90 (A) 10,20 / sFr 17,50, ISBN 978-3-89401-732-3, Erschienen August 2010).
Siehe Infos, Bestellmöglichkeit und Leseprobe beim Verlag
http://www.edition-nautilus.de/programm/politik/buch-978-3-89401-732-3.html

Die Redaktion des LabourNet Germany sieht nach längerer Überlegung von einer Rezension der Rezensionen ab und rät statt dessen zum Selberlesen! Stellvertretend für eine schier unübersichtliche Fülle an Besprechungen siehe:

4) Ein linkes Manifest als Bestseller

“Früher oder später wird der Zusammenbruch eintreten”: Warum das anonym verfasste Werk “The Coming Insurrection” ein internationaler Erfolg wurde. Artikel von Florian Schmid im Freitag vom 19.05.2010
http://www.freitag.de/kultur/1020-ein-linkes-manifest-als-bestseller

5) Linke Militanz. Und was kommt dann?

Ein akademisches Manifest für linke Militanz: “Der kommende Aufstand”: Es gibt nur noch Verzweiflung, aber keine Ausreden mehr, kein Außerhalb und kein Ausweg. Das kapitalistische System ist total geworden. Dennoch – kein Aufruf zur Gewalt…“ Artikel von Christian Schlüter in der Frankfurter Rundschau vom 19.11.2010
http://www.fr-online.de/kultur/debatte/und-was-kommt-dann-/-/1473340/4853666/-/index.html

6) Ein Feuer auf die Erde zu bringen

Das französische Manifest »Der kommende Aufstand« kann nicht der
Schmuddelecke der deutschen Ideologie zugeordnet werden. Es schöpft aus
anderen literarischen Quellen…

Artikel von Cord Riechelmann in Jungle World vom 9. Dezember 2010
http://jungle-world.com/artikel/2010/49/42262.html

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