Support Hungarian Antifa-Actions:
Gegen den Rudolf Heß-Marsch in Budapest
Am 15.August 2009 wollen tausende Alt- und Neonazis einen Marsch zum
Gedenken an Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß in Budapest durchführen.
Eingebettet in eine, auf allen Ebenen gedeihende, faschistische
Bewegung von der rechtsextremen Jobbik-Partei über diverse
neonazistische Skinheadgruppen hin zur der – inzwischen in zweiter
Instanz verbotenen – Ungarischen Garde findet der zentrale
Rudolf-Heß-Gedenkmarsch nun zum ersten Mal in dieser äußerst
beunruhigenden Umgebung statt. So besteht die wachsende Bedrohung nicht
ausschließlich in der politischen Organisierung rechtsextremer
Randgruppen, sondern gerade in der Übereinstimmung „ausgemachter
Feinde“ mit weiten Teilen der ungarischen Bevölkerung, welche sich
zunehmend auf der Straße im Hass auf JüdInnen, Roma und Homosexuelle
artikuliert.
Bedauerlicherweise ist Budapest nicht gerade als Hort
antifaschistischer Gegenaktivitäten bekannt, internationale
Mobilisierungen blieben bisher aus und linke Strukturen vor Ort sind
ähnlich schwer zu finden wie zivilgesellschaftliches Engagement gegen
den offensichtlich wachsenden Neonazismus.
„Spitzennazi, Antisemit und Friedensflieger“
Rudolf Heß, der schon 1920 in die NSDAP eintrat und später zu
Hitlers Stellvertreter avancierte, dient Nazis aus ganz Europa als
Märtyrerfigur und Symbolcharakter. Bis zu seinem Selbstmord am
17.August 1987 im Kriegsverbrechergefängnis Berlin-Spandau zeigte er
weder Reue noch Distanz zu Nationalsozialismus, Krieg und Holocaust.
Sein heutiger Status im rechten Sumpf wird zusätzlich durch die Annahme
verschwörungstheoretisch-inspirierter FaschistInnen gestärkt, Heß`
Selbstmord wurde nur vorgetäuscht um die tatsächliche Ermordung durch
den britischen Geheimdienst zu vertuschen.
1941 flog Heß unter nicht eindeutig geklärten Vorzeichen nach
Schottland um mit dem britischen General Douglas-Hamilton einen
Friedensvertrag auszuhandeln. Entgegen der Auffassung notorischer
Geschichtsverdreher, Heß als „Friedensflieger“ unendlichen Ruhm
erweisen zu müssen, war dessen Vorhaben jedoch kein Akt
nationalsozialistischer Friedensliebe sondern die Bemühung einen
Zwei-Fronten-Krieg gegen Deutschland zu verhindern, den er als
„selbstmörderisch für die weiße Rasse“ bezeichnete.
„NS-Verherrlichung von Wunsiedel…“
Während einen Tag nach Heß’ Tod nur mehrere kleine Demonstrationen
in Deutschland und Österreich stattfanden, gewann der
Rudolf-Heß-Gedenkmarsch, immer um den 17.August herum, in Folge an
Bedeutungszuwachs für die rechtsextreme Szene. Von 1990 bis 1997
demonstrierten zunächst in Wunsiedel, dann aufgrund gerichtlicher
Verbote in anderen Städten, jährlich zwischen 1500 und 3000 Nazis.
Aufgrund massiver antifaschistischer Mobilisierungen und zunehmend
polizeilichen Gegenmaßnahmen gegen den Marsch, geriet das Thema eines
zentralen Rudolf-Heß-Gedenkens jedoch zusehends in die
Bedeutungslosigkeit.
Ab 2001 wurden unter Anmeldung von Nazi-Anwalt und jetzigem
NPD-Spitzenfunktionär Jürgen Rieger wieder Rudolf-Heß-Märsche in
Wunsiedel durchgeführt. Von Jahr zu Jahr kamen nun mehr Nazis aus
Deutschland und ganz Europa – Widerstand war zunächst kaum wahrnehmbar
– bis der Marsch im Jahre 2004 mit insgesamt 5000 Nazis seinen
traurigen Höhepunkt erreichte.
Nachdem zunächst ein Demonstrationsverbot für Wunsiedel und später auch
für sämtliche Ersatzveranstaltungen erlassen wurde, schien das Thema
„Rudolf-Heß-Gedenkmarsch“ in Deutschland zunächst „erledigt zu sein“.
„…bis Budapest!“
Verantwortlich für die Organisation des diesjährigen
Rudolf-Heß-Marsches in Budapest zeigt sich die ungarische „NS-Front“,
die u.A. eine beachtliche Teilnehmerzahl beim sogenannten „Day of
Honour“ auf dem Budapester Heldenplatz stellte. Die „NS-Front Hungaria“
kann als
Dachverband oder Netzwerkstruktur der ungarischen Nazigruppen „Blood
and Honour Hungaria“, „Pax Hungarica”, Veres Kard – Blutiges Schwert”
und den sogenannten “Skins Hungaria” bezeichnet werden.
Neben einer deutlich vierstelligen Zahl ungarischer als auch
internationaler Alt- und Neonazis auf dem Gedenkmarsch selbst – muss
auch mit einer Horde „rechtsoffener Jugendlicher, Saufskins und
Hooligans“ am Rande der Veranstaltung gerechnet werden.
Der Einschätzung, Budapester Antifaschistinnen, nach zu urteilen
deutet jedoch vieles auf einen – von Naziseite aus – eher
disziplinierten Ablauf hin. Während in deutschen Naziforen vermehrt
darüber geklagt wird, dass bei Gedenkmärschen wie z.B. „zum alliierten
Bombenholocaust“ in Dresden keine Disziplin gehalten werde,
TeilnehmerInnen saufen, rauchen, gröhlen und sich prügeln wollen, was
einem solchen Anlass nicht angemessen sei, wird die ungarische Szene
hingegen durchgehend als diszipliniert, äußerst kameradschaftlich und
gut organisiert gelobt. Aufgrund der Tatsache, dass es am 15.August
keine Konkurrenzveranstaltung in der Größenordnung „Dresden“ geben
wird, ist zusätzlich mit einer hohen Beteiligung von Nazis aus dem
deutschsprachigen Raum zu rechnen.
„You`ll never walk alone – Support hungarian antifa-actions“
Für den 15.August ruft die Gruppe “Anti-Racist-Mobilization” zu
einer Demonstration gegen den Nazi-Aufmarsch in Budapest auf. Die
Auftaktkundgebung beginnt um 15Uhr am Deak Platz im Stadtzentrum. Dann
wird entlang verschiedener Schauplätze neonazistischer Gewalttaten
Richtung FaschistInnen-Marsch demonstriert um gegen 18Uhr wieder am
Deak Platz angekommen zu sein wo mit anderen Gruppen eine gemeinsame
antifaschistische Abschlusskundgebung mit Musik, Verpflegung und
Redebeiträgen abgehalten wird.
Bildet Fahrgemeinschaften und Bezugsgruppen!
Unterstützt die AntifaschistInnen in Budapest!
They should never walk alone!
Antifaschistische Demonstration:
15.08.2009 – 15Uhr (geplant)
Deák ter (Deak Platz) / Budapest
Naziaufmarsch:
15.08.2009 – 14Uhr
Ort wird in Kürze bekanntgegeben